1. SEROM-Konferenz in Vechta

 

dsc_0866Am 4.11. fand in Vechta die erste SEROM-Konfernenz statt – mal eine ganz andere Entwicklerkonferenz: ohne Fokus auf eine bestimmte Programmiersprache oder eine  konkrete Branche, dafür mit einem klaren regionalen Bezug: dem Oldenburger Münsterland. Außerdem ging es explizit um Themen, die für den Entwickler im Mittelstand relevant sind (also weder rein akademische Themen noch solche, die nur für Großkonzerne wichtig sind).

Insgesamt ein interessanter Ansatz, den u.a. die BISS GmbH als Sponsor gefördert hat (obwohl wir ja nicht im eigentlichen Einzugsbereich liegen – auch wenn es für Ortfremde nicht leicht zu verstehen ist, gehören weder Oldenburg noch Münster zum Oldenburger Münsterland).

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Ebenfalls eine besondere Erwähnung wert ist die Location, das FIZZin Vechta.

So ein Schützenheim habe ich bisher noch nicht gesehen – rustikale Optik und moderne Technik, dazu noch toller Service.

 

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Das Konferenzprogramm war ausgesprochen abwechslungsreich, weil es für die Vortragseinreichung auch relativ wenig Vorgaben gab; schließlich fand die Konferenz zum ersten Mal statt, so dass es keine Erfahrungswerte gab. Im Vorfeld wurden die „Lieblingsprogrammiersprachen“ der Teilnehmer abgefragt – selbst das war sehr uneindeutig. Spitzenreiter waren zwar erwartungsgemäß Java und C#, aber die machten zusammen nicht mal die Hälfte der Nennungen aus.

Stefan Macke – Wer braucht eigentlich Microservices?

Ein Realitätscheck zum Thema Microservices anhand der konkreten Situation in einer Versicherung. Offenbar scheinen viele der postulierten Vorteile von Microservice-Architekturen aus der Sicht einer Versicherungs-IT eher irrelevant oder sogar nachteilig zu sein. M.E. waren das durchaus valide Argumente; trotzdem würde ich persönlich nicht so weit gehen, Microservices als irrelevant für die Versicherungs-IT zu betrachten, ganz im Gegenteil!

Martin Helmich – Einführung in die Container-Virtualsierung mit Docker

Ein kurzer Abriss über die Unterschiede zwischen „klassischer“ Virtualsierung, bei der mehr oder weniger die Hardware virtualsiert wird und deshalb in jeder virtualisierten Instanz ein eigenes Betriebssystem läuft und der Container-Virtualisierung, bei der Kernel-Funktionen des Wirtsystems direkt genutzt werden. Außerdem wurden verschiedene Szenarien für Entwicklung, Test und Betrieb beschrieben, in denen uns Docker und Konsorten helfen können.

Der interessanteste Aspekt war aus meiner Sicht, dass dieser Vortrag von einem Mitarbeiter eines Web-Hosting-Anbieters kam. Noch gibt es dort keine entsprechenden kommerziellen Angebote, aber das wird sicher bald kommen.

Christian Siewert – Buildautomatisierung mit Jenkins, wirklich!

Auf vielen Konferenzen wird Buildautomatisierung quasi vorausgesetzt – in der Praxis gibt es aber manchmal Hürden. Hier gab es einen Erfahrungsbericht, wie ein ursprünglich skript-gesteuerter Build mit Jenkins automatisiert wurde. Dabei erzeugt der eigentliche Jenkins-Build die spezifischen Skripte, mit denen dann die konkreten Builds erfolgen. Eine sehr charmante Lösung für diesen konkreten Anwendungsfall.

Dr. Herwig Henseler – Einsatz von Datenbrillen in der Industrie

Ganz anderes Thema – Hardware! Datenbrillen, diesmal nicht für Glassholes, sondern im Einsatz in der Industrie. Und natürlich nicht irgendeine Industrie, nein, es muss schon Industrie 4.0 sein!

Tatsächlich gibt es am Markt tatsächlich praxistaugliche Modelle, die man auch im industriellen Bereich einsetzen kann. Anwendungsfälle lassen sich eine erfinden; in der Praxis scheint es aber noch relativ wenig zu geben. Was hier im Vortrag als Forschungsprojekt einer Hochschule vorgestellt wurde, erschien mir jetzt noch nicht so bahnbrechend zu sein – da wurde eine Handzugabe (also ein manueller Eingriff bei einem ansonsten automatisierten Mischungsprozess) durch Vernetzung von Produktionssteuerungsanlage, Digitalwaage und Datenbrille unterstützt.

Ich denke, da werden wir in nicht allzu ferner Zukunft noch spannendere Anwendungsfälle sehen. Hier hat man aber immerhin gesehen, was heute relativ einfach möglich ist, wenn man es denn nur einmal angeht.

Klaus Landsdorf – ISA95 und ISA88 als Grundlage im Web of Things

Ich habe zwar mein Ingenieurdiplom im Bereich der Prozessinformatik und Automatisierungstechnik erworben, aber ich muss gestehen, das Thema hier habe ich nicht so richtig gegriffen bekommen – irgendwie war das wie den Tatort erst ab 21:00 gucken – vielleicht noch unterhaltsam, aber die ganze Story erschließt sich einem nicht mehr.

Auf jeden Fall haben wir gesehen, dass auch hier Forschung und Wissenschaft noch einiges an Vorarbeiten zu tun haben. Am Ende könnte es aber – koopeartionswillige Geräte- und Anlagenhersteller einmal vorausgesetzt – durch Definition standardisierter Wissenmodelle gelingen, Maschinen die Möglichkeit  zu geben, selbstständig die Fähigkleiten anderere Maschinen zu erkennen und sich so eigenständig miteinander zu vernetzen – irgendwie gruselig…

Tobias Schierholt – Digitale Prozesse in KMUs mit eigener App realisieren

Für viele eigentlich stark formalisierte Prozesse (wie z.B. die Urlaubsplanung) wird heute in Unternehmen oft Excel eingesetzt. Damit hat man zwar die Daten halbwegs strukturiert vorliegen, unterstützt aber den Prozess nicht wirklich und hat – da Excel ja von Haus aus Dateien im lokalen Dateisystem schreibt, ziemlich schnell Verteilungs- und Versionierungsprobleme.

Die vorgestellte These ist jetzt, dass es überhaupt nicht viel Aufwnad erfordert, solche Dinge strukturiert in einer Datenbank zu halten und über Browser-Frontends oder mobile Apps zu pflegen.

Wir haben auch gesehen, dass es tatsächlich ziemlich schnell möglich ist, einfache CRUD-Anwendungen mit schlichten UIs auf die Beine zu stellen.

Wenn man allerdings etwas tiefer gebohrt hätte, dann hätte man gesehen, dass reale Anforderungen wie begrenzte Offline-Fähigkeit, transaktionale Sicherheit, Authentifizierung und Autorisierung oder Datenaustausch mit anderen Systemen aus einen einfachen „Hello World“-Beispiel ein ziemliches Dickschiff machen können, so dass man mit dem „Hand-am-Arm“-Ansatz schnell nicht mehr weiterkommt

Stefan Themann – Steuerung für automatische Verarbeitungsprozesse im SAP ERP

Bin ich froh, dass ich mit SAP wenig zu tun habe – dort schlägt man sich tatsächlich mit Problemen herum, für die man in der richtigen Softwareentwicklung gefühlt seit Jahrzehnten Lösungen hat.

Auf der anderen Seite sieht man, dass es auch ohne agile Verfahren, tolle Architekturen, Continous Integration, Architekturmanagement, vernünftige Transaktionen oder auch nur Source-Code-Versionierung gelingt, funktionierende Anwendungen auf die Straße zu bringen und damit auch noch gutes Geld zu verdienen.

Markus Amshove – Domänenspezifische Sprachen mit Xtext

Sehr konzentrierte Darstellung von DSLs und wie man diese mit Xtext definieren und einsetzen kann. Ausgesprochen interessant! Jetzt bin ich nur noch auf der Suche nach einem Problem, das sich damit lösen lässt.

Markus Weißjohann – Sketch Notes

Ein ganz anderes Thema – übrhaupt nicht technisch. Es ging darum, Protokolle (also keine technischen Logs, sondern das Papier, das irgendein bedauerswerte Teilnehmer bei einer Besperchung schreiben muss) in grafischer Form zu führen. Tolle Ansätze und Ideen; vielleicht kann man das eine oder andere ja mal einsetzen.

 

Die abschließende Feedbackrunde fiel sehr positiv aus, so dass wir hoffen dürfen, dass es diese Konferenz im nächsten Jahr in ähnlicher Form wieder geben wird. Zusätzlich kristallisierte sich der Wunsch heraus, einzelne Themen in einer etwas kleineren Runde detaillierter in Workshop-Form zu bearbeiten. Es entstand die Idee, den Entwicklerstammtisch der SEROM-Gruppe entsprechend weiterzuentwickeln. Man darf also gespannt sein, was da noch kommt.

 

 

 

 

DKM 2016

Am 26.10. habe ich die DKM in Dortmund besucht – der eine Tag musste reichen (kein „Warm-Up“ am Vorabend, keine „Meet-Night“ am Abend und auch kein Tag 2). Entsprechend dicht gepackt war mein Programm: bei den diversen, im Rahmen der Messe durchgeführten Kongressen gab es viele interessante Vorträge zu hören, außerdem galt es natürlich, die Gelegenheit zum persönlichen Gespräch zu nutzen. Verzichten musste ich daher auf Mittagessen, Stifte und Tüten sammeln und Promis gucken, was anscheinend für manche Besucher sehr wichtig ist.

Auch  bei der 20. „Fachmesse für die Finanz- und Versicherungswirtschaft“ (oder auch selbstbewusst „Die Leitmesse“) präsentierten zahlreiche Versicherer, Finanz- und sonstige Dienstleister ihre Angebote für Versicherungsmakler.

Entsprechend waren auch die Kongresse aufgestellt – man darf also beispielsweise bei IT-Themen nicht erwarten, dass über Bits und Bytes geredet wird; die Flughöhe ist einfach eine andere.

Trotzdem – oder gerade deshalb – gab es interessante Dinge zu hören. Natürlich wurde auch wieder viel über Digitalisierung und digitale Transformation gesprochen, wo bestenfalls Automatisierung oder – die Bezeichnung habe ich das erste Mal dafür gehört und finde sie gut – Entmaterialisierung gemeint waren; wo es also lediglich darum ging, bestehende Geschäftsmodelle mit vorhandenen Prozessen so zu implementieren, dass keine stofflichen Repräsentationen (wie Papier) mehr  notwendig sind – also die klassische Medienbruchvermeidung ohne echte Prozessoptimierung.

Und natürlich haben wir auch wieder gehört, dass Kosten sinken müssen und dass die Kommunikation zwischen Versicherer und Makler verbessert werden muss.

Spannender sind m.E. die Dinge, die darüber hinausgehen und wirklich Änderungen von Prozessen, Produkten und Geschäftsmodellen bedeuten. Was ist zu tun, wenn man Produkte für dynamische Märkte anbieten will? Was muss bei der Bestandsverwaltung passieren, wenn man auf einmal situativ „Micro-Insurance“-Produkte mit extrem kurzer Laufzeit anbieten oder in klassischen Produkten eine tägliche Kündigung zulassen möchte? Und was tut ein Versicherer, wenn er nicht die Endkundenschnittstelle den FinTechs und InsurTechs überlassen will, sondern im Gegenteil seine Präsenz im Leben des Kunden noch ausbauen will?

Schön zu sehen, dass mitlerweile eigentlich alle großen Player die Zeichen der Zeit erkannt haben, hier teilweise große Anstrengungen unternehmen und tatsächlich auch erheblich investieren.

Die Entwicklung bleibt sicher spannend: Versicherer gründen neue „digitale“ Versicherer, Versicherer gründen Start-Ups und Inkubatoren, FinTechs gründen Versicherer, Branchefremde erweitern ihre Angebote um versicherungsähnliche Leistungen…

Ich bin mir sicher, dass wir spätestens bis zur nächsten DKM 2017 einige überraschende Entwicklungen gesehen haben werden.